Izdin Khermesh lebt seit drei Jahren hier, weil er in seiner Heimat zum Islam konvertieren müsste Von einem, der in Mettmann angekommen ist

Mettmann · „Wie ist es eigentlich den Menschen ergangen, die vor einigen Jahren zu uns gekommen sind?“, wollten wir wissen. Wir haben Izdin besucht und mit ihm darüber gesprochen, wie er sein Leben bei uns gemeistert hat.

 Christiane Müschenich von der Flüchtlingsbetreuung der Diakonie mit Izdin Khermesh Khalaf.

Christiane Müschenich von der Flüchtlingsbetreuung der Diakonie mit Izdin Khermesh Khalaf.

Foto: Schaufenster Mettmann/Ria Garcia

Seit mehr als drei Jahren lebt der Iraker Izdin, der Jeside ist, inzwischen in Mettmann. Nach seiner Ankunft in Deutschland hat er einen Tag in Dortmund verbracht, kam von dort nach Neuss und nur einen Monat später zu uns. „Ich habe hier in Mettmann zuerst fünf Monate in der Kleberstraße gewohnt und später in der Seibelstraße“, erzählt er uns.

Seit einem Jahr und drei Monaten wohnt er nun in einer eigenen Wohnung. Er hatte Glück und eine Patin, die ihm auch bei der Wohnungssuche geholfen hat. Claudia heißt sie. Mit Hilfe von Christiane Müschenich von der Diakonie hat Izdin vor mehr als einem Jahr auch Arbeit gefunden. In seiner Heimat war er als Maler- und Lackierer und zweitweise auch als Maurer tätig. Hier arbeitet er in einer kleinen Gießerei in Wülfrath. Nach zwei Tagen Probearbeit hatte er seinen Chef überzeugt, der ihm vorerst einen befristeten Vertrag anbot. Das ist jetzt mehr als ein Jahr her und inzwischen hat Izdin einen unbefristeten Vertrag.

„Im Irak gibt es kaum Festanstellungen. Fast alle Arbeitsstellen sind projektbezogene Gelegenheitsjobs“, erzählt er über den Arbeitsmarkt im Irak. „In dem Ort, in dem ich gelebt habe, wohnen 90 Prozent Binnenflüchtlinge“, verrät er uns noch mehr über seine Heimat. Aber es sind nicht die fehlenden festen Arbeitsverträge, die Menschen wie Izdin dazu veranlassen, die Gefahren einer Flucht auf sich zu nehmen.

Es sind die anhaltenden Unruhen im Irak, die Verfolgung wegen des Glaubens und die immer währende Drohung, getötet zu werden, wenn man nicht zum Islam konvertiert. In Izdins Brust schlagen zwei Herzen. Das eine lässt ihn Sehnsucht nach einer Heimat empfinden, die es so wie sie einst war, schon lange nicht mehr gibt. Das andere Herz schlägt für die neue Heimat, die ihm die Chance gab die Sprache zu lernen, eine Wohnung und Arbeit zu finden und in Frieden zu leben. Sehnsucht hat er trotzdem. Vor allem nach seiner Freundin und nach Familienmitgliedern, die immer noch im Irak sind.

Inzwischen spricht Izdin besser Deutsch, als vor einem Jahr. „Es könnte noch besser sein“, sagt er selbst und erklärt, dass er überwiegend türkische oder polnische Kollegen hat, die sich bei der Arbeit oft in ihrer jeweiligen Landessprache unterhalten. Er träumt davon, seine Freundin nach Deutschland zu holen. Dafür muss sie Deutsch lernen und er muss nachweisen, dass sein Einkommen für zwei reicht. Auch die Kosten für die Krankenversicherung müsste er übernehmen. Daran würde es inzwischen nicht mehr scheitern, aber Nada kann im Irak keine Sprachschule besuchen. Die nächste liegt fünf bis sechs Fahrtstunden von ihrem Wohnort entfernt.

Hinzu kommt, dass ein Schicksalsschlag sie und ihre Familie schwer getroffen hat. Ihr Bruder verunglückte bei der Arbeit, erhielt einen starken Stromschlag und muss inzwischen - unfähig zu sprechen, selbständig zu essen oder sich auch nur hinsetzen zu können - von der Familie zu Hause versorgt werden. Aus dem Krankenhaus hat man ihn nach vier Wochen entlassen, weil die Familie die Kosten nicht mehr tragen konnte. Er wird künstlich über einen Schlauch durch den Hals ernährt. „Physiotherapie“ müssen Freunde und Verwandte übernehmen, damit die Muskeln des abgemagerten jungen Mannes nicht ganz verkümmern. Izdin hofft darauf eine Hilfsorganisation zu finden, die dem Bruder seiner Freundin helfen könnte.

Gerne möchte Izdin, wenn sein Chef einverstanden ist, am Wochenende einige Stunden zusätzlich in der Systemgastronomie arbeiten, um seine Eltern in der Heimat mehr unterstützen zu können. Für die Zeit, in der Nada endlich hier bei ihm wohnen kann, möchte er etwas sparen. „Bei der Arbeit dort könnte ich auch mein Deutsch noch weiter verbessern, weil ich ja mit den Gästen immer Deutsch sprechen würde“, sieht er einen Vorteil im Kundenkontakt. Seit drei Jahren lebt er nun hier bei uns. Anfang April ist er 34 Jahre alt geworden. Das schönste Geburtstagsgeschenk wäre für ihn gewesen, wenn seine Freundin hier hätte sein könnte. Wir drücken dem sympathischen Mann die Daumen, dass sein Wunsch bald in Erfüllung geht.

(RG)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Ein Zentrum der Gefahrenabwehr
Kreis Mettmann leistet sich mit dem Bau am Adalbert-Bach-Platz ein Novum, das Vorbildcharakter für ganz Deutschland hat Ein Zentrum der Gefahrenabwehr
Aus dem Ressort