Die Geschichte, die Rawand Khalid erzählt, handelt von Abschied, Flucht und Ungewissheit in einem fremden Land. Sie handelt aber vor allem von einem erfolgreichen Neubeginn, einem jungen Mann, der mit Einsatz, Ehrgeiz und Talent an der Erfüllung seines Traumes arbeitet und dabei schon bemerkenswert weit gekommen ist.
2019 flieht Rawand Khalid mit seinen Eltern, seinem jüngeren Bruder und seiner älteren Schwester aus dem Irak nach Deutschland. Er ist 13 Jahre alt und spricht Kurdisch, Arabisch und Englisch, aber kein Deutsch. Die Familie kommt zunächst in einer Flüchtlingsunterkunft in Köln unter, anschließend in St. Augustin und schließlich in Mettmann. Rawand erhält Deutsch-Unterricht, er lernt schnell, kann schon bald die Schule besuchen, erst das KHG, später die Carl-Fuhlrott-Realschule. „Das hat alles prima funktioniert“, erinnert er sich, „meine Mitschüler und meine Lehrer haben mich sehr gut aufgenommen.“ Er feilt weiter an seinen Deutsch-Kenntnissen, vernachlässigt aber auch die anderen Fächer nicht. Für eines kann er sich ganz besonders begeistern: Informatik. Er entdeckt seine Leidenschaft fürs Programmieren, nimmt sie auch mit nach Hause, wo er sich selbstständig über kostenfrei Angebote im Internet weiterbildet.
„Meine erste von mir entwickelte App war eine zum Lernen deutscher Vokabeln. Man kann damit Texte hören und vorlesen, Verben und ihre Zeitformen abrufen.“ In der 10. Klasse lernt er beim Besuch einer Berufsmesse ein Unternehmen kennen, das sich auf Webentwicklung für Firmen und Behörden spezialisiert hat. „Das war genau das, was ich machen wollte“, erzählt er. Aktuell macht er dort eine Ausbildung zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung. Und damit nicht genug: Im Juni dieses Jahres nimmt er an einem Wettbewerb teil, die World-Skills Germany, quasi den Deutschen Meisterschaften in Software-Entwicklung, Austragungsort: Neubrandenburg. Es geht darum, möglichst schnell ein vorgegebenes Kundenprojekt umzusetzen. Rawand Khalid belegt den 2. Platz und schafft es ins Nationalteam von World-Skills Germany.
Ein großer Erfolg, aber keiner, auf dem er sich ausruhen möchte. Er hat noch viel vor: die Ausbildung fertig machen und sich für die Weltmeisterschaft in Shanghai im nächsten Jahr qualifizieren, und unbedingt auch für die Europameisterschaft in Düsseldorf im Jahr 2027. Daneben arbeitet er an einem eigenen KI-Projekt, das vor allem jungen Menschen beim Schreiben von Bewerbungen helfen soll. Er und seine Familie leben mittlerweile nicht mehr in einer Flüchtlingsunterkunft, sondern in einer Wohnung in Mettmann. Seine Zukunft sieht Rawand Khalid in Deutschland. Er sagt: „Ich fühle mich hier wirklich wohl.“