Dr. Christian Untrieser im Gespräch „Die Herausforderung ist enorm“

Mettmann · Im Interview mit dem Schaufenster Mettmann spricht der CDU-Landtagsabgeordnete Dr. Christian Untrieser über Energie- und Verkehrswende, die Flüchtlingsproblematik und die bedeutende Rolle der Kommunen bei all diesen Themen.

 „Man ist ein Mädchen für alles“: Dr. Christian Untrieser wohnt in Erkrath, und ist viel in seinem Wahlkreis unterwegs, um zu erfahren, was die Menschen umtreibt.

„Man ist ein Mädchen für alles“: Dr. Christian Untrieser wohnt in Erkrath, und ist viel in seinem Wahlkreis unterwegs, um zu erfahren, was die Menschen umtreibt.

Foto: D. Herrmann

Mit einem verbindlichen Lächeln und einer schwarzen Kladde in der Hand empfängt Dr. Christian Untrieser zum Gespräch in der Cafeteria des Landtags. Eine Stunde hat er sich freigeschaufelt und das gerne, wie er betont, denn der Kontakt und der Bezug zu den Menschen in seiner Heimat ist ihm ein Anliegen. Seit 2017 sitzt der 41-jährige Jurist als Abgeordneter für die CDU im Landtag, im vergangenen Jahr gewann er seinen Wahlkreis Mettmann II (umfasst Erkrath, Mettmann, Haan und Teile Hildens) mit 39,23 Prozent klar vor den Kandidaten der SPD und den Grünen. Aktuell dient er seiner Fraktion als Sprecher für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie. Die Herausforderungen für die schwarz-grüne Regierungskoalition gerade in diesen Bereichen sind groß.

Herr Dr. Untrieser, wie regiert es sich auf Landesebene mit der Partei, die bundespolitisch von der CDU jüngst als ein Hauptgegner  ausgemacht wurde?

Dr. Christian Untrieser (lacht): „Nach gut einem Jahr lässt sich sagen, dass es zwischen den Koalitionspartnern ganz harmonisch zugeht, ohne viel Streit nach außen. Was natürlich nicht heißt, dass wir immer einer Meinung sind. Aber die Unterschiede werden intern ausdiskutiert. Wir sprechen viel und wir lernen auch voneinander.“

Was sind die wichtigsten Projekte, die Sie gemeinsam angehen müssen?

Dr. Untrieser: „Ganz oben auf der Agenda steht die Energiewende. Wir wollen bis 2045 klimaneutral werden und die Frage ist, wie kriegen wir das hin und bleiben dennoch Industriestandort. NRW ist in dieser Hinsicht gerade so etwas wie ein Reallabor. Und wenn wir das hinkriegen, könnte das ein Modell für viele Regionen auf der ganzen Welt sein. Aber die Herausforderung ist enorm und allzu viel Zeit können wir uns nicht lassen.“

Welche Rolle spielen die Städte und Kommunen bei der Sache?

Dr. Untrieser: „Eine entscheidende. Die Energiewende verläuft dezentral, sie muss also vor Ort umgesetzt werden. Mit Windkraft zum Beispiel. Die ist jetzt nicht so sehr das Thema für Mettmann und Erkrath. Aber die Photovoltaik sehr wohl. Und da ist im gesamten Kreis  Mettmann noch Luft nach oben. Jeder sollte darüber nachdenken, eine solche Anlage zu installieren. Für öffentliche Gebäude gibt es eine Förderung von bis zu 90 Prozent. Aber auch auf dem heimischen Balkon kann eine PV-Anlage sinnvoll sein.

Wie sieht es mit dem Thema Heizung aus, das zuletzt für viel Ärger, Diskussionen und auch Verwirrung geführt hat. Stichwort: Wärmepumpe.

Dr. Untrieser: „Die Kommunen sind  nun angehalten, bis 2028 ihre Wärmeplanung vorzulegen. Für die Menschen sind das ganz wichtige Informationen, auf deren Grundlage sie dann planen können. Und die Eigentümer müssen sich Gedanken machen, was für sie die beste Lösung ist. Fernwärme wird ein wichtiges Thema sein. Aber auch Geothermie ist ein spannendes Projekt, man kann damit langfristig kalkulieren. Es ist eine heimische, preisstabile und erneuerbare Energiequelle. In Erkrath gibt es da offenbar Potenzial, das zurzeit von den Stadtwerken genauer betrachtet und analysiert wird. Da gibt es also schon Bewegung und die ist auch nötig. Im Jahr 2030 wollen wir aus der Kohle raus und das funktioniert nur, wenn alle mitmachen.

Nur wenn alle mitmachen... gilt das auch für die Verkehrswende?

Dr. Untrieser: „Natürlich. Auch dafür braucht es eine breite Akzeptanz. Wir sehen da augenblicklich viele Glaubens- und Verteilungskämpfe und müssen am Ende eine gute Balance finden. Es gilt, beispielsweise den Radverkehr zu stärken, aber gleichzeitig zu berücksichtigen, das auch das Auto weiterhin eine große Rolle spielen wird. Also brauche ich neben gut ausgebauten Radwegen und einem starken ÖPNV auch eine funktionierende Infrastruktur für Elektromobilität,  sprich eine ausreichende Anzahl an Ladesäulen.“

Ein Kernthema der CDU war stets die innere Sicherheit ...

Dr. Untrieser: „Das bleibt es auch. Es gilt, die Polizei weiterhin personell aufzustocken und auch angemessen auszurüsten. Ich denke, dass der Kreis Mettmann da ein ganz gutes Beispiel ist. Hier wurden seit 2021 zusätzliche Stellen geschaffen. Und so soll es auch weitergehen.

Ihre Heimatstadt Erkrath und  auch Mettmann sind finanziell nicht eben auf Rosen gebettet. Die Kommunen ächzen unter zusätzlichen Aufgaben, die sie finanzieren müssen,  und  sie empfinden das als ungerecht. Wie sehen Sie das?

Dr. Untrieser: „Ich kann den Frust verstehen und er ist zum Teil auch gerechtfertigt. Dabei geht es aber vor allem um vom Bund zugewiesene Aufgaben wie Kinderbetreuung oder offener Ganztag. Auf Landesebene gilt das Konnexitätsprinzip. Das bedeutet, dass die Aufgaben die das Land an Kommunen gibt, auch vom Land bezahlt werden müssen. Ein solches Konnexitätsprinzip bräuchten wir eigentlich auch auf Bundesebene.

Gibt es aber nicht. Für eine Stadt wie Mettmann ein Problem.

Dr. Untrieser: „In Mettmann kommt hinzu, dass in der Vergangenheit viel liegen gelassen wurde. Das sind zum Teil jahrzehntelange Versäumnisse, die zu der aktuellen Situation geführt haben.“

Zum Beispiel?

Dr. Untrieser. „Zum Beispiel wurde versäumt, Voraussetzungen für die Ansiedlung von Gewerbe zu schaffen. Kommunen sind stark abhängig von den Gewerbesteuern, vielleicht zu abhängig. Schon vor Jahren gab es die Diskussionen, den Kommunen die Einnahmen aus einer weniger volatilen Quelle wie beispielsweise der Umsatzsteuer zu überlassen. Das wäre für Mettmann sicher die beste Lösung. Allerdings müssten dazu dicke Bretter gebohrt werden.  Ein wichtiges Thema für die Kommunen sind auch die Altschulden. Im Ampel-Koalitionsvertrag steht, dass Land und Bund diese jeweils zur Hälfte ablösen sollen. Doch bislang tut sich hier nichts. Am Ende wird das Land vorangehen müssen, aber der Bund darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Wie er das übrigens auch bei der Flüchtlingsthematik tut.“

Inwiefern?

Dr. Untrieser: „Es gibt da viel zu wenig finanzielle Unterstützung. Und die Kommunen sind am Anschlag. Es ist gut, dass mittlerweile eine europäische Lösung gefunden wurde, denn wir müssen dringend von den aktuellen Flüchtlingszahlen runter. Das Land wird den Kommunen im Jahr 2023 mehr als 1,8 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Insgesamt rechnet das Land mit flüchtlingsbedingten Ausgaben in Höhe von über 3,6 Milliarden Euro, zu denen der Bund nur einen Bruchteil beiträgt.“

Herr Untrieser, das ist jetzt ihre zweite Legislaturperiode als Abgeordneter. Wie wichtig ist für Sie der Kontakt zu Menschen in ihrem Wahlkreis?

Dr. Untrieser: „Ich mache Politik für Menschen. Ich pflege die Kontakte zu ihnen, lade beispielsweise Schulen in den Landtag ein, erkläre und diskutiere. Ich möchte Demokratie erlebbar machen. Mitunter passiert das auch bei einem zufälligen Treffen im Restaurant oder beim Einkaufen.“

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