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Geplante Sparmaßnahmen des Bundesgesundheitsministeriums drohen die Versorgungsaufgaben der Apotheken in NRW massiv zu erschweren: Apotheken am Limit

Geplante Sparmaßnahmen des Bundesgesundheitsministeriums drohen die Versorgungsaufgaben der Apotheken in NRW massiv zu erschweren : Apotheken am Limit

Apothekerverbände und Apothekerkammern in NRW lehnen Einschnitte bei Apotheken ab. Angesichts der schon jetzt niedrigsten Anzahl an Apotheken in NRW seit den 80er Jahren, warnen sie vor einer beschleunigten Welle an Betriebsschließungen.

Zwei Jahre Corona, der demographische Wandel und neue pharmazeutische Dienstleistungen sowie das Impfen gegen Corona und Grippe. Die Apotheken und ihre Apothekenteams arbeiten seit dem Ausbruch der Pandemie durchgehend am Limit.

Zusätzlich werden die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Tag zu Tag schwieriger. Denn nachdem in den vergangenen fast 20 Jahren das Fixhonorar nur ein einziges Mal geringfügig um wenige Cent angehoben worden war, ist jetzt bei immer mehr Betrieben die wirtschaftliche Decke zu dünn, um die hohe Inflation, die explodierenden Energie- und die steigenden Lohnkosten aufzufangen.

Die geplanten Sparmaßnahmen des Bundes verstoßen gegen Koalitionsvereinbarungen in Bund und Land. Vor diesem Hintergrund stellen die Apothekerverbände und Apothekerkammern in NRW fest: „Schon jetzt haben wir in NRW mit unter 4.000 Apotheken die niedrigste Apothekenzahl seit den 80er Jahren erreicht. Die Versorgungsstruktur und Versorgungsleistung der Apotheken vor Ort wird jetzt vom geplanten GKV-Stabilisierungsgesetz des Bundesgesundheitsministers massiv gefährdet. Angesichts des kommenden dritten Corona-Winters ist das drohende 120 Millionen Sparopfer völlig fehl am Platze. Als Leistungsträger ziehen die Apotheken vor Ort den Karren. Sie brauchen daher Unterstützung und nicht weitere Belastungen.“

Die Apotheker erinnern hier auch an den Koalitionsvertrag auf Bundesebene. Denn im Apothekensektor hatte sich die Ampel vertraglich darauf geeinigt, das Budget für die pharmazeutischen Dienstleistungen zu erhöhen und „Effizienzgewinne innerhalb des Finanzierungssystems“ zu nutzen. Die geplante Erhöhung des Kassenrabatts der Apotheken um fast 15 Prozent konterkariert den Koalitionsvertrag, hat fatale betriebswirtschaftliche Folgen und schwächt die Branche drastisch.

Auch die neue Landesregierung in NRW hat sich in ihrem Koalitionsvertrag die Stärkung der Freien Berufe und damit der Apotheken zur Aufgabe gemacht. Die vier Berufsorganisationen fordern vom Land NRW zu verhindern, dass der Bund die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Apotheken durch das GKV-Finanzierungsgesetz schwächt. Stattdessen muss das bürgernahe Apothekensystem als niedrigschwellige Anlaufstelle für die Patienten erhalten und gestärkt werden. Vom Bund erwarten die Apotheken dringend eine Erhöhung der Fixzuschläge, Entlastung beim überbordenden Bürokratismus und Unterstützung bei der Beseitigung des eklatanten Fachkräftemangels.

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Die Apotheken vor Ort sind keine Kostentreiber im Gesundheitssystem. Mit mittlerweile nur noch 1,9 Prozent Anteil an den Gesamtausgaben der Krankenkassen sind die Kosten für Apotheken und ihr umfangreiches Leistungsangebot für die Versicherten seit Jahren rückläufig. Zudem sind Apotheken die mit Abstand größten „Einsparer“ im Gesundheitswesen: Allein durch den Krankenkassenrabatt sowie die bürokratisch und logistisch sehr aufwändige Umsetzung der Rabattverträge sparen die Apotheken der GKV Jahr für Jahr sechs Milliarden Euro ein.

„Die Politik darf uns jetzt nicht kaputtsparen. Zu groß sind die kurzfristigen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie. Und langfristig werden die Apotheken angesichts übervoller Kliniken, überlasteter Arztpraxen und des demographischen Wandels dringend in der sicheren flächendeckenden pharmazeutischen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger gebraucht. Deshalb erinnern wir die Politik in Bund und Land an ihre Versprechen in den Koalitionsverträgen, die Apotheken zu stärken. Die wichtige Säule der Versorgung durch die Apotheken darf angesichts der vielen alten und kranken Bürgerinnen und Bürger jetzt nicht wegbrechen“, betonen die Apo-thekerverbände und Apothekerkammern in NRW.

Hintergrund-Informationen

Kein Kostentreiber im Gesundheitssystem – im Gegenteil: Apotheken vor Ort sparen Kosten in Milliardenhöhe zugunsten der Gesetzlichen Krankenversicherung ein! Mit nur noch 1,9 Prozentpunkten sind die Kosten für Apotheken und ihre Leistungen im System weiter rückläufig und betragen weniger als die Hälfte der GKV-Verwaltungsausgaben (4,1 Prozent). Zudem sind Apotheken die mit Abstand größten „Einsparer“ im Gesundheitswesen. Allein durch den Apothekenabschlag und die bürokratisch und logistisch sehr aufwendige Umsetzung der Rabattverträge sparen die Apotheken der GKV jährlich sechs Milliarden Euro ein. Nachfolgend nähere Erläuterung dazu:

• Der Apothekenabschlag liegt derzeit bei 1,77 Euro (inkl. MwSt.). Dieser Betrag muss für jede zulasten der GKV abgegebene Packung vom Apothekenhonorar an die Krankenkasse zurückerstattet werden. Der Abschlag summiert sich derzeit auf mehr als eine Milliarde Euro und hat sich seit 2019 bis 2021 um 600 Millionen Euro erhöht.

• Krankenkassen können mit Arzneimittelherstellern seit 2007 Rabattverträge für die preisgünstigere Abgabe von Arzneimitteln abschließen. Mittlerweile gibt es nahezu 36.000 kassenspezifische Rabattverträge, die vorschreiben, welche Versicherten welches Präparat von welchem Hersteller erhalten können. Die Berücksichtigung der wachsenden Zahl der Rabattverträge bei der Patientenversorgung bedeutet für die Apotheken einen hohen administrativen Aufwand. Dazu müssen die Apotheken 16 Millionen Datensätze in der Apotheken-EDV verarbeiten, um Rabattverträge den Krankenkassen, Herstellern und Arzneimitteln zuzuordnen (Januar 2022). Für die Krankenkassen ergeben sich damit Einsparungen in Höhe von über fünf Milliarden Euro.

Nicht zuletzt ist wissenschaftlich erwiesen, dass die apothekengestützte Selbstbehandlung bei leichteren Gesundheitsstörungen (Selbstmedikation) effektiv wirkt, Hausärzte entlastet und auch enorme Einsparungen generiert: Im Interesse der Patienten spart das dem Gesundheitssystem, der GKV und der Volkswirtschaft mehrere Milliarden Euro pro Jahr ein.