1. Die Stadt

Sie stehen mitten im Leben

Sie stehen mitten im Leben

Bereits zum zweiten Mal organisierte der Mettmanner Kim Cremer ein Treffen von Menschen, die eine Amputation hinter sich bringen mussten. Dabei gab es einen regen Austausch und auch der Sport kam nicht zu kurz.

Kim Cremers Optimismus ist ansteckend, dabei hat der Mettmanner einen Leidensweg hinter sich, der ihm seine positive Einstellung hätte nehmen können. Nach einem schweren Motorradunfall 2013, zahlreichen Operationen, einer beruflichen Umschulung und Schmerzen, die nicht enden wollten, entschloss sich der junge Familienvater zu einer Amputation. Das war im Juli 2017. In seinem Blog "Das Leben geht weiter, auch wenn es humpelt!" hat er seine Erfahrungen mit Betroffenen geteilt. Kim ist ein sportlich aktiver Mensch mit einer gesunden Portion Lebensfreude. Eine neue Laufprothese eröffnete ihm noch mehr Möglichkeiten. "Damit gebe ich Vollgas." Im vergangenen November kam er auf die Idee, einen "Piratentreff" zu organisieren, bei dem Menschen mit Amputationen und deren Angehörige ihre Erfahrungen austauschen können. Sechs Betroffene fanden zusammen und es war klar: "Das bleibt keine einmalige Sache".

Das zweite Treffen war im Februar, weitere Treffen soll es im Abstand von zwei bis drei Monaten geben. Die Zahl der Teilnehmer ist gewachsen und es waren viele neue Gesichter dabei, wie Volkmar Koenigk aus Meerbusch. Dem rüstigen Rentner, den die Teilnehmer auf 70 bis 75 Jahre schätzten, wurde vor zwei Jahren ein Bein amputiert, nachdem sich seine Knieprothese entzündet hatte. Heute ist er mit Beinprothese mobil und an diesem Tag sogar mit dem Auto nach Mettmann gekommen. "Am 2. April werde ich 93 Jahre alt", verblüffte er die Teilnehmer dann endgültig. Volkmar reist gern und das schönste Geburtstagsgeschenk wäre für ihn, wenn er eine Reisebegleitung fände. Vor zehn Jahren ist seine Frau verstorben und allein zu reisen macht weniger Freude.

Der jüngste Betroffene beim zweiten Piratentreffen war Lukas aus Dortmund. 2016 hatte er einen Motorradunfall, in dessen Folge ein Teil seines Beins amputiert werden musste. Heute fährt er Motorcross und Freestyle Mountainbike. "Man möchte einfach wieder dahin, wo man vor dem Unfall war", erklärte er seinen Ehrgeiz, aktiv zu sein. Lukas versteckt seine Prothese nicht. "Es macht tatsächlich auch ein bisschen stolz, wenn andere mich ansprechen, wie ich das alles schaffe."

Mit dabei war an diesem Tag auch Frank aus Mettmann. Er musste sich durch eine unglückliche Verkettung nach einem Sprunggelenksbruch einer Amputation unterziehen. Von ihm erfuhren die Anwesenden, dass meist eine neue Führerscheinprüfung notwendig wird, damit der Versicherungsschutz beim Fahren gewährleistet ist. Das kostet Zeit und Geld. Aurelia aus Niederkassel Rheydt war an diesem Tag mit Chris aus Lohmar in einer Fahrgemeinschaft nach Mettmann gekommen. Die attraktive Frau hat 1996 in der Folge eines Motorradunfalls linksseitig eine Bein- und Hüftamputation hinter sich gebracht. Die Prothese, die es ihr erlaubt sich "zu Fuß" zu bewegen, wird mit einer Klemme an der rechten Hüfte befestigt. Weil das längere Tragen die Haut stark beansprucht, nutzt sie zu Hause einen speziellen Rollstuhl. Damit sie täglich mit ihren beiden Windhunden spazieren gehen kann, hat sie sich 2009 ein spezielles Laufrad zugelegt. Die Krankenkasse hat ihr die Kostenübernahme verweigert, weil sie bereits einen Rollstuhl hat. Sie hat die 650 Euro selbst aufgebracht und es nie bereut. Mit dem Laufrad ist sie aktiv und beweglich.

  • Kim Cremer wurde ein Teil seines Beins amputiert - Er teilt seine Erfahrungen in einem Blog : Der Alltag mit Prothese
  • Kim Cremer berichtet in einem Blog über seine Erfahrungen mit seiner Unterschenkelamputation : Das Leben geht weiter, auch wenn es jetzt humpelt
  • Bürgermeisterin Sandra Pietschmann überreicht dem FKK-Vorsitzenden
    Heimatpreis : Bürger haben die Wahl

Gemeinsam vermittelten die Menschen an diesem Tag vor allem eins: Sie stehen mitten im Leben, haben ihr Schicksal angenommen und sind aktiver, als viele nicht Betroffene. Und beim zweiten "Piratentreff" gab es mehr als Erfahrungsaustausch. Kim hatte Yasmin Uygun und Trainer Eddi zu Gast, die den Teilnehmern Kampfsport für Prothesenträger vorstellten. BYOH nennt sich das Programm, bei dem es weniger ums Kämpfen, als um Bewegung und Gleichgewicht geht. Außerdem stellte Ralph Schubert UNYQ Prothesen-Cover vor, die individuell für jeden Träger mit 3D-Druck gestaltet werden und dem Schutz der Prothese dienen.

Hier geht es zur Bilderstrecke: Sie stehen mitten im Leben

(Schaufenster Mettmann/RG)