Aus dem Leben echter Menschen

Mettmann · Noch heute ist die Erinnerung an den zweiten Weltkrieg mit tiefen Emotionen verbunden. 70 Jahre nach dem Kriegsende stehen die historischen Fakten zwar fest, aber eher selten werden Einzelschicksale behandelt.

 Evi Claßen hat die Arbeit an ihrer Broschüre tief bewegt.

Evi Claßen hat die Arbeit an ihrer Broschüre tief bewegt.

Foto: TB

Wie haben sich die Menschen damals gefühlt? Welche persönlichen Erinnerungen sind vom Ende der schrecklichen Zeit geblieben? Um diese persönlichen Geschichten geht es in einer Veröffentlichung der Mettmannerin Evi Claßen, in der sie 35 Interviews mit Zeitzeugen anlässlich des 70. Jahrestags des Kriegsendes am 8. Mai veröffentlicht hat.

"Ich habe mich von Mitte Januar bis Anfang Mai ausschließlich mit den Interviews und der Entwicklung meiner Broschüre beschäftigt", sagt Claßen. Während der Gespräche kamen bei den Interviewpartnern viele tief sitzende Gefühle wieder hervor. "Immer wieder gab es Situationen, in denen den Menschen die Tränen kamen. Ich hatte die Möglichkeit, mich tiefer in die Materie zu begeben und, völlig wertfrei von Fakten und historischen Belegen, über die Einzelschicksale zu sprechen."

Hauptsächlich diente der Mettmannerin das evangelische Gemeindecafé Einblick als Inspirations- und Interviewort. "Ich kenne dort viele Menschen, singe im Chor und habe einen großen Bekanntenkreis. Schnell fanden sich Gesprächspartner und via Mundpropaganda wurden es immer mehr, bis ich schließlich 35 Interviews zusammen hatte." Evi Claßen erfuhr viel Neues und Unentdecktes. "Ich erinnere mich noch gut an einen Besuch in den Niederlanden. Dort durfte ich zu Gast bei einer Dame sein, die die deutsche Besatzung am eigenen Leibe miterlebt hat und mir aus Sicht der anderen Seite vom Krieg berichten konnte. Ich habe auch erfahren, dass diese Frau unmittelbar an der Rettung eines Juden beteiligt war." Anlässlich des Kriegsendes veröffentlichte Evi Claßen ihre Broschüre in einer Auflage von 50 Exemplaren bei einer Lesung im Café Einblick. Innerhalb kürzester Zeit waren die Räume zum Bersten voll. "Die Resonanz hat mich wirklich gefreut und sehr überrascht. Innerhalb kürzester Zeit war die Auflage komplett ausverkauft." Und das Thema lässt Claßen nicht los. "Die Arbeit an der Broschüre hat mich neben dem zeitlichen Aufwand auch emotional sehr berürht, trotzdem könnte ich mir vorstellen, weiterzumachen." Evi Claßen hat die Hoffnung, auch Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangene zu befragen.

Eine Neuauflage der Broschüre ist übrigens schon geplant und die neuen Exemplare werden dann wieder im Café Einblichk ausliegen. "Es liegt mir am Herzen, den Menschen zu berichten, wie mich dieses ganze Arbeit auch menschlich mitgenommen und begleitet hat."

(Schaufenster Mettmann / Tanja Bamme)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort