„Die Gewerbesteuer kann den Haushalt nicht retten.“

Mettmann · Während der letzten Stadtratssitzung hat sich die FDP zum Haushaltslanentwurfs 2015/16 geäußert. Lesen Sie die Rede vom Fraktionsvorsitzenden Klaus Müller bei uns im Wortlaut.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
der traditionelle Dank an die Verwaltung für die Arbeit bei der Erstellung des Haushaltsplanentwurfes 2015/16 gilt auch in diesem Jahr vorrangig dem Finanzbeigeordneten Herrn Salewski und seinem Mitarbeiter-Team. Ich kann mir gut vorstellen, dass es für die Mitarbeiter des Finanzmanagements nicht einfach war, den Haushalt aufzustellen.
Zugleich möchte ich betonen, Herr Bürgermeister, dass sich die FDP-Fraktion selbstverständlich auch bei Ihnen und allen Mitarbeitern des Hauses, die sich engagiert für die Belange der Mettmanner Bürgerinnen und Bürger einsetzen, bedanken möchte. Herr Bürgermeister, ich darf Sie bitten, diesen Dank an die Mitarbeiter des Hauses weiterzuleiten.

Meine Damen und Herren,
seit Jahren werden die Haushaltsberatungen von einem Thema bestimmt: dem Haushaltsausgleich. Dieser wird regelmäßig verschoben. Ursprünglich war 2014 für den Haushaltsausgleich anvisiert worden. Dann 2015. Jetzt soll der Ausgleich 2016 realisiert werden. Nach dem aktuellen Stand wird dieses Ziel erreicht. Aber mit Ach und Krach. Ganze 1.200 Euro beträgt der Überschuss im Jahre 2016 nach den aktuellen Zahlen.
Die FDP-Ratsfraktion wird sich selbstverständlich an den Bemühungen zur Herbeiführung eines genehmigungs- und zustimmungsfähigen Haushalts für die Stadt Mettmann beteiligen. Das haben wir in der Vergangenheit immer so gehalten und werden versuchen, dies auch in Zukunft zu tun. Im Gegensatz zu anderen Ratsfraktionen, die es sich ähnlich einfach machen wie der Kämmerer und mal wieder kräftig an der Steuerschraube drehen wollen, sind wir aber der Auffassung, dass dies ohne die von der Verwaltung vorgeschlagenen Erhöhungen der Grund- und Gewerbesteuer erfolgen muss. Wir haben bereits im vergangenen Jahr den Steuererhöhungen nicht zugestimmt und sehen keine Veranlassung, von dieser bürger- und mittelstandsfreundlichen Linie abzuweichen. Wir sitzen mit dieser Meinung übrigens mit der IHK in einem Boot. Ich zitiere aus der Stellungnahme der IHK zum Haushaltsentwurf der Stadt Mettmann für die Jahre 2015 und 2015. "Eine Verschlechterung wichtiger Standortfakten wie die Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes stellt keine nachhaltige Lösung der Mettmanner Haushaltsprobleme dar." Die Mettmanner Freidemokraten erwarten von der Verwaltung konstruktive Vorschläge zum Ausgleich der Steuerausfälle. Nur an der Steuerschraube zu drehen, zeugt unseres Erachtens von wenig Kreativität und konterkariert die Bemühungen um eine konstruktive Wirtschaftsförderung. Die FDP-Fraktion könnte sich für Mettmann zumindest mittelfristig eine ganz andere
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Vorgehensweise vorstellen: Warum soll eine Stadt wie Mettmann nicht einen ganz anderen Weg gehen, den eine Kommune im Südkreis bereits erfolgreich beschritten hat. Auch die Stadt Monheim am Rhein hatte vor einigen Jahren große finanzielle Probleme. Genauso wie Monheim könnte Mettmann von einem Recht Gebrauch machen, das die Verfassung ausdrücklich den Gemeinden zugesteht. Dem Hebesatzrecht: Vielen scheint der Gedanke fremd zu sein, dass man dieses Recht nicht nur zum Heben, sondern auch zum Senken der Steuern anwenden darf. Dies setzt selbstverständlich voraus, dass im Vorfeld gezielt Gespräche mit Unternehmen und anderen Beteiligten geführt werden. So ist beispielsweise in Monheim erfolgreich verfahren worden.
Lassen Sie mich kurz darauf hinweisen, dass die Einnahmen durch die Gewerbesteuer in Mettmann oft völlig überschätzt werden. Diese unternehmerfeindliche Steuer musste in der Kreisstadt gegenüber bisheriger Prognosen um 0,5 Mill. Euro für 2015 und sogar eine Mill. Euro für 2016 zurückgenommen werden. Es ist nun einmal Tatsache, dass die Gewerbesteuer nicht den Mettmanner Haushalt retten kann, denn unsere Stadt ist und bleibt Schlusslicht im Kreis Mettmann im Hinblick auf die Gewerbesteuerkraft je Einwohner. In der letzten Referenzperiode lagen die Gewerbesteuererträge je Einwohner bei uns mal gerade bei rund 230 Euro. Vorletzter im Kreis Mettmann ist Heiligenhaus mit immerhin rund 339 Euro je Einwohner. An diesem Abstand können sie schon das starke Gefälle zu anderen kreisangehörigen Gemeinden erkennen. Die FDP-Fraktion hat vor drei Jahren die Ausweitung des Wirtschaftsförderungs-Teams beantragt. Ziel dieses Antrages war es, durch Ansiedlung von Unternehmen die Gewerbesteuerkraft nachhaltig zu erhöhen. Das Team ist auch verstärkt worden. Zwar ist es im Neanderpark tatsächlich zu einer Reihe von Ansiedlungen gekommen - in Cent und Euro drückt das dies leider aber nicht aus.
Hinsichtlich der Erhöhung der Grundsteuer möchte ich darauf hinweisen, dass eine Anhebung des Hebesatzes für fast alle Bürger(ob Eigentümer oder Mieter) zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung führt. Zum Thema Steuererhöhungen möchte ich nochmals betonen, dass diese sowohl die Ansiedlung von Neubürgern als auch die Ansiedlung von attraktiven Unternehmen beeinträchtigen. Und das können wir in der jetzigen Zeit überhaupt nicht gebrauchen. Ich kann nur an die anderen Fraktionen appellieren, nicht auf das falsche Signal —Steuererhöhungen — zu setzen.
Meine Damen und Herren,
dass die Verwaltung nach weiteren Konsolidierungsmöglichkeiten intensiv sucht, wird von unserer Fraktion selbstverständlich unterstützt. Wir als FDP haben aber auch selbst Vorschläger zur Konsolidierung gemacht. Ich verweise auf unseren Antrag zur Errichtung eines Kulturzentrums. Dieses Projekt stand bei unseren internen Haushaltsberatungen ganz oben auf der Agenda. Ich habe nach den Beratungen im Fachausschuss und im H+F den Eindruck, dass sich auch einige andere Fraktionen hier im Rat die Errichtung eines Kulturzentrums vorstellen können. Damit rückt die Realisierung dieses für die Mettmanner Kulturlandschaft exorbitant wichtigen Projektes zumindest in Sichtweite. Wir haben uns zwar beim letzten H+F aus
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verschiedenen Gründen gegen die Durchführung eines Workshops zum Thema Stadthalle ausgesprochen, gehen aber davon aus, dass dieser Workshop - an dem wir uns nach dem Mehrheitsbeschluss für dessen Einrichtung selbstverständlich beteiligen - zu der Einsicht gelangt, dass ein Kulturzentrum für Mettmann die beste Lösung ist. Das Kulturzentrum, das mehrere städtische Kultur-und Bildungseinrichtungen unter einem Dach zusammenfassen soll, führt finanziell und personell zu Synergieeffekten, die zu einer deutlichen Haushaltskonsolidierung beitragen können. Die Finanzierung des Kulturzentrums haben wir in unserem damaligen Antrag ausführlich erläutert. Die Verwaltung hat den Auftrag erhalten, verschiedene Varianten zu prüfen. Wir gehen davon aus, dass sie im Oktober oder November dieses Jahres mit einer entsprechenden Vorlage Stellung bezieht. Eines möchte ich klarstellen. Mit dem Kulturzentrum verfolgen wir das Ziel, die komplette Schließung von kulturellen Einrichtungen möglichst zu vermeiden. Dem Stadtkämmerer und der IHK erteilen wir insoweit eine deutliche Absage, die sich für eine Schließung von Einrichtungen stark gemacht haben.
Nicht nur die Kultur- sondern auch die Mettmanner Schullandschaft stand bei unseren internen Beratungen im Fokus der Diskussion. Mit Sorge erfüllt uns die bisher zwar mehr im Hintergrund geführte, aber doch von interessierten Kreisen gesteuerte Diskussion hinsichtlich der Errichtung einer Gesamtschule. Um es von dieser Stelle aus deutlich zu sagen: Die FDP-Fraktion setzt weiterhin auf das gegliederte Schulsystem in Mettmann. Neben den beiden Gymnasien legen wir großen Wert auf den Erhalt der bewährten Realschule. Eine Gesamtschule lehnen wir ab. Die haben wir vor Jahren erfolgreich verhindert und werden — wenn nötig - diesen Kampf erneut aufnehmen.
Lassen Sie mich zurückkommen auf die Fragen der konkreten Haushaltskonsolidierung. Mit Sorge sehen wir als FDP-Fraktion weiterhin die Situation auf dem Personalkostensektor. Nach dem Haushaltssicherungskonzept sollen die Personalaufwendungen um rund 50.000 Euro jährlich reduziert werden. Wir sind als FDP-Fraktion der Auffassung, dass dies nicht ausreichend ist. Wir vermissen ein nachvollziehbares Personalkostenkonsolidierungskonzept. Für uns hat der Personaldezernent bisher nicht schlüssig dargelegt, welche konkreten Konsolidierungseffekte beim Personal im Rathaus erreicht werden sollen. Die Personalpolitik sieht eher nach ad hoc gefällten Entscheidungen, denn nach einer strukturiert durchdachten Anwendung des personalpolitischen Instrumentariums aus. Es ist bestimmt nichts Neues für Sie meine Damen und Herren, dass für die FDP-Fraktion die Senkung der Personalkosten ein Schwerpunkt der Haushaltskonsolidierung ist. Dass dies trotzdem dazu führen kann, dass selbst die FDP der Ausnahme vom Einstellungsstopp in seltenen Einzelfällen zugestimmt hat, wurde kürzlich bei der Besetzung der Stelle eines Organisators sichtbar. Wir sind aber der Auffassung, dass sich ein guter Organisator selbst bezahlt macht, wenn er einen prima Job verrichtet. Durch kreative Organisationsarbeit kann die Effiziens der Verwaltung gesteigert und so Konsolidierungserfolge erzielt werden.
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Nur setzt dies voraus, dass mit einer Neubesetzung der vakanten Stelle sich der angestrebte Erfolg auch einstellt. Jetzt muss ich leider etwas Wasser in den Wein schütten. Trotz anstrengenden Nachdenkens kann ich mich nicht daran erinnern, in den letzten Jahren überzeugende Organisationsideen von der Verwaltung präsentiert bekommen zu haben. Da stellt sich natürlich die Frage, ob die veranschlagten Mittel für die Stelle besser eingespart werden sollten. Auf der anderen Seite sollte die Verwaltung aber die Chance bekommen, im Organisationsbereich eine wichtige personelle Weichenstellung vorzunehmen. Warten wir halt mal die Entwicklung auf diesem Gebiet ab.
Meine Damen und Herren,
enttäuschend ist leider bislang das Ergebnis der Rekommunalisierung der Energieversorgung. Es macht den Eindruck, dass wir dort seit vielen Monaten auf der Stelle treten. Ein Ergebnis der unzähligen Beratungen ist nicht zu erkennen. Die erwarteten Erträge aus der Rekommunalisierung lassen leider immer noch auf sich warten. Unzureichende gesetzliche Regelungen und immer neue Rechtsprechung zum Komplex Konzessionsvergaben sind die Ursachen hierfür. Ich möchte daran erinnern, dass wir im Haushaltssicherungskonzept ursprünglich Erträge von rund 750.000 Euro aus der Umsetzung der Rekommunalisierung veranschlagt haben. Wenn wir auch mittlerweile die Ertragserwartungen zurückgeschraubt haben, so macht es inzwischen den Eindruck, dass erwartete Erträge aus diesem Bereich zu einer finanziellen Nullnummer werden.

Zurück zu den direkten Haushaltsfragen: Die von der Verwaltung vorgeschlagene Kürzung der disponiblen Aufwendungen wird von der FDP-Fraktion mitgetragen, weil eine Alternative dazu nicht erkennbar ist. Kritisch wird von uns allerdings die Kürzung der der Mittel für die bauliche Unterhaltung der Gebäude und der Straßen- und Wegeunterhaltung gesehen. Was soll mit dem in 2016 verbliebenen Haushaltsansatz von 140.000 Euro in der Straßen- und Wegeunterhaltung denn noch bewegt werden? Machen wir uns doch nichts vor — da können nur noch ein paar Schlaglöcher beseitigt werden.
Den im Doppelhaushalt 2015/2016 enthaltenden Investitionen kann die FDP-Fraktion überwiegend zustimmen. Die im Innenstadtkonzept vorgesehenen Attraktivierungen schätzen wir als wegweisend ein. Es gibt allerdings auch einige Fragezeichen. Die FDP-Fraktion hat in der Vergangenheit fast bei keiner Investition für die Feuerwehr Bedenken erhoben, geschweige denn diese abgelehnt. Uns ist die Feuerwehr sehr wichtig und ich habe am vergangenen Samstag bei der JHV der Feuerwehr in der Stadthalle erneut erfahren, mit welch großem Engagement die Freiwillige Feuerwehr mit hauptamtlichen Kräften ihre Aufgaben wahrnimmt. Es stellt sich aber die Frage, ob man sich bei der geplanten und notwendigen Erweiterung beziehungsweise Umbau der Feuerwache nicht eher auf das wirklich Notwendige beschränken soll. Selbst der zuständige Fachbereichsleiter hat Bedenken hinsichtlich des gewünschten Investitionsvolumens geäußert.
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Bezüglich des Haushaltsansatzes von rund 3,9 Mill. Euro für die Seibelquerspange erwartet die FDP-Fraktion nach wie vor Aufschluss über die Verantwortlichkeiten der Mehrkosten und gegebenenfalls Inanspruchnahme der Verantwortlichen.
Ein Blick in den Haushalt macht deutlich, dass wir sowohl bei den langfristigen Krediten als auch bei den Liquiditätskrediten in Mettmann auf Rekordhöhe agieren — eine ganz bedrohliche Entwicklung. Der Schuldenstand soll bis 2016 auf rund 120 Mill. Euro steigen - ich wiederhole 120 Mill. Euro. Dieser exorbitant hohen Verschuldung für unsere Kreisstadt muss dringend gegengesteuert werden. Da erwarten wir von unserem Finanzbeigeordneten und unserem zukünftigen Bürgermeister(in) ein schlüssiges Konzept.

Meine Damen und Herren,
es wird kaum einem in diesem Ratssaal überraschen. Die FDP-Fraktion wird der Haushaltssatzung nicht zustimmen. Dies liegt daran, dass wir der Auffassung sind, dass die FDP aus Verantwortung für den Bürger und dem Standort Mettmann, den vorgeschlagenen Erhöhungen von Gewerbe- und Grundsteuer nicht zustimmen kann. Diese Entscheidung haben wir uns nicht leicht gemacht, sehen sie aber als unumgänglich an.
Ich weiß, dass die FDP-Fraktion als Sparkommissar - insbesondere bei den ausgabefreudigen Fraktionen wie die Grünen und Linken/Piraten- verschrien ist. Mit der Kritik können wir gut leben, denn wir sparen nicht um des Sparens willen, sondern aus Verantwortung für die nachfolgenden Generationen.
Lassen Sie mich schließen mit einem Zitat des schottischen Schriftstellers und Sozialreformers Samuel Smiles. "Die Sparsamkeit ist die Tochter der Vorsicht, die Schwester der Mäßigung und die Mutter der Freiheit".
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Klaus Müller
FDP-Fraktionsvorsitzender

(Schaufenster Mettmann)
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