Ein besonderes Gedenken

Mettmann · Drei neue Gedenktafeln mit den Namen von 172 bisher recherchierten Verfolgten und Opfern der NS-Zeit haben am 9. November ihren Platz am Koburg-Mahnmal gefunden.

Neue Plakette für das Mahnmal
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Jedes Jahr zum 9. November organisiert das Bündnis für Toleranz und Zivilcourage in Mettmann eine Gedenkveranstaltung für NS-Opfer am Mahnmal vor der evangelischen Kirche. Die Zahl der Teilnehmer wächst von Jahr zu Jahr. In diesem Jahr waren es besonders viele. Es war der 80. Jahrestag der Reichsprogromnacht und zu diesem Anlass haben drei neue Gedenktafeln ihren Platz am Mahnmal gefunden. Auf den Tafeln befinden sich die Namen von 172 Opfern des Nationalsozialismus. Recherchiert hat diese Namen Rainer Köster, der seit vielen Jahren Mitglied im Bündnis für Toleranz und Zivilcourage ist. Um Anfertigung und Montage der Tafeln, die überwiegend aus Spendengelder finanziert wurden, hat sich Markus Kier gekümmert, der seit einigen Jahren die regelmäßigen Treffen des Bündnisses von Seiten der Stadt organisiert und begleitet.

Anlässlich der Enthüllung sprach Bündnisteilnehmer Andreas Scherer einige Worte. "Es war ein langer Prozess, bis die Tafeln hier ihren Platz finden konnten", erklärt er. Umso erfreulicher sei es gewesen, dass am Ende eine einstimmige Entscheidung des zuständigen Ausschusses gestanden hätte. "Es sind Mettmanner Bürger. Jüdische Mettmanner, Mettmanner, die auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu Parteien, Gewerkschaften, zur Kirche und/oder wegen ihrer sexuellen Orientierung nicht in das menschenverachtende System passten", erklärt er die Namen, die auf den Gedenktafeln enthüllt werden. Auch der stellvertretende Bürgermeister Berthold Becker spricht ein Grußwort, bevor er die Gedenktafeln enthüllt. "Was am heutigen Tag vor 80 Jahren geschehen ist, erfahren wir ganz aktuell durch einen Beitrag unserer ehemaligen Stadtarchivarin Gudrun Wolfertz, aus der Septemberausgabe der Medamana, dem Heimatblatt der Aulen Mettmanner", lädt Becker ein, sich zu informieren. Wolfertz habe den damals achtjährigen Zeitzeugen Günther Baumgarth von seinen Erlebnissen berichten lassen. Becker führt aus, dass nach den Nürnberger Rassengesetzen von 1935 vor allem die Reichsprogromnacht als historischer Fixpunkt für den Antisemitismus in unserem öffentlichen Bewusstsein steht, weshalb der 9. November zum jährlichen Gedenktag geworden ist. Ein verdeckter Judenhass bestehe dennoch fort und deshalb dürfe es kein Vergessen geben.

Schließlich verlesen Schüler des kooperierenden Geschichtskurses der 12. Klassen vom Konrad-Heresbach- und vom Heinrich-Heine-Gymnasium die 172 Namen der Opfer. In einer szenischen Lesung, die im Anschluss in der evangelischen Kirche stattfand, tragen sie den Text eines Protokolls vom 12. November aus einer Sitzung des Luftfahrtministeriums mit führenden Vertretern aus Politik und dem Bereich Staatsfinanzen, unter anderen am Göring und Heydrich, vor. Damals beriet man darüber, wie man den Schaden der Progromnacht möglichst auf die Juden selbst abwälzen könnte, um die Allgemeinheit nicht mit den Kosten zu belasten, die Versicherungen hätten tragen müssen. Teil des Gesprächs waren auch neue Ideen, wie man die Rechte der jüdischen Mitbürger weiter einschränken könne. Am Ende verhängte man eine Kollektivstrafe für die Reichsprogromnacht über die jüdischen Mitbürger und schränkte ihre Rechte in der Folgezeit weiter ein. Pfarrer Jürgen Artmann mahnte zum Abschluss "Die Wiederkehr und Wiederbelebung der 80 Jahre alten Menschenverachtung darf nicht ohne Widerstand geschehen. Jede Abwertung von Menschen ist im Angesicht Gottes niemals Recht".

(Schaufenster Mettmann/RG)
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