Kampf gegen Keime: Antibiotikaresistenzen nehmen zu Welche Maßnahmen jetzt helfen

Kreis · Der globale Verbrauch von Antibiotika ist laut Center for Disease Dynamics, Economics and Policy (CDDEP) innerhalb eines Jahrzehnts um 30 Prozent gestiegen. Der hohe Einsatz ist einer der Gründe für die Ausbreitung von resistenten Keimen.

Immer häufiger bleiben die verabreichten Antibiotika gegenüber den Bakterien wirkungslos. Viele Krankheiten können aufgrund dieser Antibiotikaresistenz nicht mehr so gut behandelt werden. Das ruft auch die Politik auf den Plan: Die Gesundheitsminister der sieben führenden Industrienationen (G7) beraten heute, am 9. Oktober über das weltweit zunehmende Problem von Antibiotikaresistenzen. Sie fordern, den Einsatz von Antibiotika in Human- und Tiermedizin zu reduzieren. Dr. Wolfgang Reuter, Gesundheitsexperte bei der DKV Deutsche Krankenversicherung, erklärt die Hintergründe und gibt Ratschläge zum richtigen Umgang mit Antibiotika.

Wenn sich Bakterien verändern und einen Schutz gegen die Wirkung von Antibiotika gebildet haben, spricht man von Antibiotikaresistenz. Das heißt konkret: Antibiotika verlieren ihre Wirkung. "Führt dann die Behandlung von widerstandsfähigen Keimen nicht zum Absterben oder zumindest zu einer Wachstumshemmung der Bakterien, können Infektionen länger dauern oder schwerer verlaufen — im schlimmsten Fall sogar tödlich", so Dr. Wolfgang Reuter, Gesundheitsexperte bei der DKV Deutsche Krankenversicherung. Zu den besonders gefährdeten Personengruppen gehören vor allem Kleinkinder sowie ältere und dauerhaft kranke Menschen.

Nutzlos gegen Viren
Eine weitere Ursache für die immer zahlreicher auftretenden Antibiotikaresistenzen ist die unsachgemäße Anwendung der Medikamente, zum Beispiel wenn Patienten Antibiotika unnötig oder falsch einnehmen. "Mit Antibiotika behandeln Mediziner Infektionen, die durch Bakterien verursacht werden, wie bestimmte Lungenentzündungen, Blasenentzündungen oder Entzündungen der Haut", erklärt Dr. Wolfgang Reuter und warnt: "Gegen Viren, die für Husten, Schnupfen, Bronchitis oder Grippe verantwortlich sein können, sind sie dagegen völlig nutzlos."

Dosierung und Einnahmezeiten beachten
Generell sollten Patienten Antibiotika nur dann einnehmen, wenn ihr Arzt sie ihnen aufgrund einer bakteriellen Infektion verschrieben hat. Besonders wichtig ist dann, das Medikament so einzunehmen wie verordnet. Also unbedingt die richtige Dosierung, die vorgeschriebenen Einnahmezeiten und die angegebene Dauer der Anwendung beachten. Nur dann entfaltet das Antibiotikum seine volle Wirkung. "Eine Haltung nach dem Motto 'Mir geht es ja wieder gut, dann kann ich die Therapie jetzt abbrechen' ist sehr gefährlich. Denn eine Beschwerdefreiheit bedeutet nicht immer, dass alle Krankheitserreger besiegt sind", weiß der DKV Gesundheitsexperte. Unter Umständen können sich die übriggebliebenen Bakterien wieder vermehren. Dies kann zu einer neuen Infektion führen, gegen die dann nur noch die Einnahme eines stärkeren Medikaments hilft.

Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung weit verbreitet
Ein dritter Grund, warum die einstige Wunderwaffe gegen Infektionskrankheiten manchmal nur noch mit Platzpatronen schießt, ist der weit verbreitete Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung. "Da bei Menschen und Tieren in der Regel dieselben Antibiotikaarten eingesetzt werden, können resistente Erreger über den Verzehr von mit Keimen belastetem Fleisch oder durch direkten Tierkontakt zum Menschen gelangen und gefährliche Infektionen auslösen", erläutert Dr. Wolfgang Reuter. Er rät dazu, Fleisch von Bauern zu verwenden, die keine Antibiotika einsetzen. Hier lohnt es sich, bei einem Metzger nachzufragen, der sein Fleisch aus der Region bezieht. Eine andere Möglichkeit ist, Bio-Fleisch zu essen. "Denn bei der ökologischen Fleischerzeugung dürfen Bauern Antibiotika nur sehr begrenzt einsetzen."

Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie
Dass die Entwicklung der Antibiotikaresistenzen inzwischen auf höchster Ebene wahrgenommen wird, zeigen auch die veröffentlichten Aktionspläne der Weltgesundheitsorganisation WHO sowie der Politik. In Deutschland haben verschiedene Bundesministerien sowie zahlreiche Verbände und Organisationen die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie, genannt DART 2020, ins Leben gerufen. Um die nationalen und internationalen Anstrengungen auf allen Ebenen zu verstärken, haben die Beteiligten im Zuge von DART 2020 einen 10-Punkte-Plan erstellt. Er sieht unter anderem eine verpflichtende Fortbildung des medizinischen Personals, eine Intensivierung der versorgungsnahen Forschung im Bereich Antibiotikaresistenz sowie die Entwicklung neuer Antibiotika vor.

Hygieneregeln befolgen
Die WHO empfiehlt unter anderem, in neue Arzneimittel zu investieren, den Einsatz von Antibiotika besser zu kontrollieren und die Hygiene in den Krankenhäusern zu verbessern. "In Sachen Hygiene sollten auch Verbraucher ein paar Regeln befolgen, um sich vor Bakterien zu schützen. Sich mehrmals täglich die Hände zu waschen, ist ein guter Anfang", so der Tipp des DKV Gesundheitsexperten. "Ratsam ist auch, bei einer Erkältung nicht in die Hand, sondern in die Ellenbeuge zu husten, oder beim Naseputzen Einmaltaschentücher zu benutzen und diese anschließend gleich zu entsorgen." Außerdem am besten Obst und Gemüse, das roh gegessen wird, vorher gut waschen. Nach der Verarbeitung von rohem Fleisch sind Schneidebretter und Messer gründlich zu reinigen, damit andere Lebensmittel nicht mit dessen Bakterien in Kontakt kommen können. "Und auf Reisen zählt das Abkochen von Wasser zu den wichtigen Vorsichtsmaßnahmen." Expertenschätzungen zufolge können allein durch solche einfachen Hygienemaßnahmen bis zu 30 Prozent der Infektionen verhindert werden.

(Schaufenster Mettmann)
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